HISTORY
Zur Geschichte des Eisenbahnwesens in Wiesenburg
Am 08. April 1839 wurde die erste Eisenbahnlinie im Land zwischen Dresden und Leipzig eröffnet. Ab 1854 war Cainsdorf von Zwickau aus mit der Eisenbahn erreichbar.
Vier Jahre später, am 05. Mai 1858, übergab der Direktor der Königlichen Staatseisenbahnen, VON CRAUSHAAR, die Eisenbahnlinie Zwickau - Schwarzenberg ihrer Bestimmung. Der nächste Bahnhof nach Cainsdorf war nicht Wilkau (Bahnstation erst seit 01. November 1868), sondern Wiesenburg. Ihm kam als Güterumschlagplatz der expandierenden Industriestadt Kirchberg besondere Bedeutung zu.
Am 11. Mai 1858 eröffneten König Johann und Kronprinz Albert VON SACHSEN diese "Obererzgebirgische Bahn". Die Lok des Jungfernzuges, der am 11. Mai 1858 die Stationen Wiesenburg, Stein, Niederschlema und Aue sowie die Haltestellen Cainsdorf, Grünau (Fährbrücke) und Lauter passierte, steuerte Lokführer NEIDHARD. Der Zug bestand aus acht Personen-, zwei offenen und einem Packwagen. Der Festzug wurde von der Lok "Hundert" gezogen, die als hundertste Maschine die Fabrik HARTMANN in Chemnitz verlassen hatte. Die Lok gehörte zur späteren Gattung II b.
Der offizielle Verkehr begann am 15. Mai 1858, an welchem Tag auch die "Niedererzgebirgische Bahn" zwischen Zwickau und Chemnitz ihren Dienst aufnahm.
Der erste reguläre "Personenextrazug" verkehrte am 13. Juni 1858. "Die Fahrtzeit des schnellsten Zuges zwischen Zwickau und Schwarzenberg betrug 100 Minuten" . Der sich schnell entwickelnde Fahrbetrieb wurde durch das Hochwasser der Mulde vom 01. August 1858 jäh unterbrochen. Das Wasser erreichte einen Pegelstand von etwa 4,50 Meter über Normal. Der an vielen Stellen unterspülte Eisenbahndamm musste erneuert werden. Als am 24. Oktober 1858 nach Reparaturarbeiten im Wert von 360.000 Mark die Loks wieder rollen konnten, wies der Fahrplan täglich zwei Personenzugpaare und ein gemischtes Zugpaar auf dieser Strecke aus, dem ab 1862 ein weiteres Postzugpaar folgte.
Einem Aushängefahrplan von 1866 ist folgendes zu entnehmen: Auf der Strecke Zwickau-Aue verkehrten drei Personenzüge (Abfahrt in Wiesenburg 08:00 Uhr, 12:50 Uhr und 21:40 Uhr), ein Güterzug mit Personenbeförderung (Abfahrt 15:40 Uhr) und sonntags ein Extrazug (Abfahrt ab Wiesenburg 14:45 Uhr). Reisende konnten zwischen erster, zweiter und dritter Klasse wählen.
1869 war die Eisenbahnstrecke Dresden-Zwickau in ihrer ganzen Länge befahrbar. Der Staat war dazu übergegangen, den Eisenbahnbau in eigener Regie zu finanzieren. 1870 besaß Sachsen das dichteste Bahnnetz aller deutschen Staaten. Es wuchs zwischen 1854 und 1873 von 520 auf 1.227 Kilometer.
Am 11. Februar 1880 beschloss die 2. Ständekammer Sachsens den auf 705.000 Mark berechneten Bau der Schmalspurbahn Wilkau-Saupersdorf . In den 1880er Jahren erreichte das sächsische Hauptbahnnetz seine abschließende Ausdehnung, von einigen danach errichteten Kleinbahnen abgesehen.
1897 richteten die Räte der Städte und Gemeinden Wildenfels, Hartenstein, Wilkau, Vielau, Friedrichsgrün, Schönau, Grünau, Härtensdorf, Zschocken, Thierfeld und Oelsnitz, einige Fabrikbesitzer und das vereinigte Kalkwerk Grünau-Schönau eine "Petition um Erbauung einer Secundäreisenbahn mit Normalspur von Wilkau nach Höhlteich" an die Hohe Ständeversammlung des Königreiches Sachsen. "Inhalt dieser Petition war die Bitte, auf Staatskosten eine Bahn zu bauen, die am Wilkauer Bahnhof beginnend und über die Fluren von Vielau, Reinsdorf, Friedrichsgrün, Schönau, Härtensdorf, Wildenfels, Zschocken, Hartenstein, Thierfeld und Oelsnitz am Bahnhof Höhlteich die St. Egidien - Stollberger Linie erreichen sollte. Begründet wurde dieses Verlangen, dass bereits mehrfach an die Ständeversammlung herangetragen wurde, mit der wirtschaftlichen Entwicklung dieser Region und dem hohen Transportaufkommen unter anderem aus den Ziegel- und Kalkringöfen von Grünau, Schönau und Thierfeld. Diese Petition hatte keinen Erfolg. Ein weiterer Versuch wurde im Jahre 1903 durch den Stadtgemeinderat von Wildenfels unternommen. Diesmal wurde in einer Petition darum nachersucht, eine Eisenbahn von Wiesenburg nach Wildenfels zu bauen. In der Petition wurde darauf verwiesen, dass die II. Kammer der Sächsischen Ständeversammlung im März 1898 sowie im März 1900 einstimmig beschlossen hatte, die Petition um Erbauung einer Eisenbahn von Wiesenburg nach Wildenfels der Königlichen Staatsregierung zur Erwägung zu überweisen. Die Stadt Wildenfels erklärte sich bereit, dass zum Bau des Bahnhofes Wildenfels erforderliche Areal von 20.000 Quadratmetern dem Staatsfiskus unentgeltlich zur Verfügung zu stellen" . Auch dieser Petition wurde nicht entsprochen.
An der Schwelle zum 20. Jahrhunderts gab es bei 3.200 Kilometern Eisenbahnlinien in Sachsen keine Stadt mehr, die nicht – zumindest mittelbar - an das Eisenbahnnetz angeschlossen war.
Am 25. November 1902 wurde begonnen, ein zweites Eisenbahngleis zwischen Wilkau und Wiesenburg zu verlegen, auf dem dann ab 14. November 1905 die Züge rollten. In jener Zeit erhielt auch Silberstraße einen Haltepunkt.
Das folgende Foto – um 1910 entstanden – bildet Reichsbahn-Bedienstete vor dem Bahnhof Wiesenburg ab. Der Umstand, dass allein für einen Dorfbahnhof 18 Mitarbeiter dargestellt sind, macht deutlich, wie wichtig seinerzeit die physische Arbeitskraft war. Kräne, Lastkraftwagen oder andere technische Hub- und Hilfsmittel gab es noch kaum. Transportgut musste mit Muskelkraft vom Zug auf Fuhrwerke oder Handkarren verladen werden.
1917 verlegte die Reichsbahn das zweite Gleis auf der Strecke Wiesenburg-Aue im Rahmen des Ausbaus der Hauptstrecke der Deutschen Reichsbahn Schwarzenberg-Zwickau. Die Anzahl der Gleise im Bereich des Bahnhofs Wiesenburg erhöhte sich auf sieben.
Der Eisenbahnfahrplan vom 05. Juni 1925 dokumentiert, dass wochentags 17 Züge zwischen Zwickau und Wiesenburg und retour verkehrten. Zusätzlich fuhr in der Nacht vor Sonntagen und vor Festtagen eine Bahn um 00:14 Uhr ab Wiesenburg nach Zwickau (vom Volksmund „Lumpensammler“ genannt). Das zeigt, dass an Wochenenden offenbar ausreichend Besucher in den Ort kamen, für deren Abtransport sich der Einsatz eines Nachtzuges lohnte.
Ende der 1940er Jahre pendelten Tausende täglich zur Arbeit, insbesondere zu den Uranbergwerken der SDAG Wismut in der Region Schlema/Hartenstein. Die Züge waren so lang, dass sie keinen Platz im Bahnhofsbereich von Wiesenburg hatten. Die Passagiere stiegen „auf freier Strecke“ ein und aus, sobald der Zug hielt. Die Abteile konnten die Masse an Fahrgästen nicht fassen, so dass auch alle Dächer dicht besetzt waren.
Zur 100-Jahr-Feier der Strecke im Mai 1958 trafen sich Eisenbahnfreunde aus nah und fern auch auf dem Bahnhof Wiesenburg. Die technischen Finessen historischer Züge zogen Besucher magisch an.
Anfang April 1961 feierte der Weichenwärter des Bahnhofes Wiesenburg, Albert NOACK, sein 50jähriges Arbeitsjubiläum. Er brachte Züge sicher über die Weichen vom Kaiserreich über die Weimarer Republik, das "Zwölfjährige Reich" bis zur Deutschen Demokratischen Republik. Zu seinem Ehrentag versammelten sich die Angestellten des Komplexbahnhofes Fährbrücke-Wiesenburg und des Haltepunktes Silberstraße zu einer Feierstunde. Der Präsident der Reichsbahndirektion Dresden, KNOBLOCH, überreichte dem Jubilar im Auftrage des Verkehrsministers die Verdienstmedaille in Gold, eine Geldprämie und ein persönliches Geschenk.
Die Streckenbelastung schlüsselte sich 1991 folgendermaßen auf: In der Zeit von 06:00 bis 18:00 Uhr: 42 Zugfahrten, von 18:00 bis 22:00 Uhr: 12 Zugfahrten, von 22:00 bis 06:00 Uhr: 19 Zugfahrten, insgesamt: 73 Zugfahrten pro Tag .
Charakteristisch für den Wiesenburger Bahnhof war eine markante Signalbrücke. Nach der Wende wurde diese verkauft an die Gleisbaufirma H. F. WIEBE in Nienburg (Weser). Der Wiesenburger Signalausleger wurde unweit des Personenbahnhofes an der Bahnstrecke Hannover – Bremen im Juli 2001 wieder aufgestellt.
Eine Zeitlang hielten die Züge noch auf dem (alten) Bahnhof Wiesenburg, aber das Bahnhofsgebäude war bereits nicht mehr in Betrieb.
2008 gab die Bahn den Bahnhof Wiesenburg ganz auf und schrieb das Gelände zum Verkauf aus, das Sven SCHÜRER erwarb, der eine benachbarte Metallbaufirma betreibt.
Das folgende Bild zeigt den Bahnhof Wiesenburg während der Rückbauarbeiten an der Unterführung und an den Bahnsteigen. Die Unterführung ist bereits abgerissen und verfüllt. Das geschah am 04. November 2008. Die Bahnsteigüberdachung steht noch auf dem Bild, sie fiel in der Nacht zum 08. November 2008 dem Abrissbagger zum Opfer. „Der Nachwelt bleiben vom alten Bahnhof Wiesenburg/Sa. Nur der Signalausleger mit dem Signal B, jetzt in Nienburg/Weser, und zwei Ausfahrformsignale C und F erhalten“.
Von September bis November 2008 errichtete die Erzgebirgsbahn südlich des Bahnhofs Wiesenburg einen 80 Meter langen, barrierefreien Haltepunkt mit zwei Außenbahnsteigen. Lautsprecherdurchsagen sind vom Fahrdienstleiter in Aue möglich. Der alte zweigleisige Inselbahnsteig wurde abgerissen und der Bahnsteigtunnel verfüllt. Das Bauvorhaben kostete rund 320.000 EUR, hauptsächlich Fördergelder des Freistaates Sachsen.
Von September bis November 2008 errichtete die Erzgebirgsbahn südlich des Bahnhofs Wiesenburg einen 80 Meter langen, barrierefreien Haltepunkt mit zwei Außenbahnsteigen. Lautsprecherdurchsagen sind vom Fahrdienstleiter in Aue möglich. Der alte zweigleisige Inselbahnsteig wurde abgerissen und der Bahnsteigtunnel verfüllt. Das Bauvorhaben kostete rund 320.000 EUR, hauptsächlich Fördergelder des Freistaates Sachsen.